Multi-Analyt Quantifizierungen mit Hilfe der Integration von künstlichen neuronalen Netzen, genetischen Algorithmen und der Chemometrie für zeitaufgelöste analytische Daten
Während
des letzten Jahrzehnts haben Sensoren zur Detektion und Bestimmung von
verschiedenen Substanzen nicht nur auf dem Gebiet der analytischen Chemie
sondern auch im täglichen Leben rasend Verbreitung gefunden. Die meisten
Sensorsysteme, wie zum Beispiel Abgasdetektoren für Automobile beruhen auf
einzelnen Sensoren, welche möglichst spezifisch für den interessanten Analyten
sind. Probleme auf Grund störender kreuzreaktiver Analyte und auf Grund eines
Mangels an spezifischen Sensoren für viele Analyte führten zur Entwicklung so
genannter Sensor-Arrays. Dabei können mehrere Analyte gleichzeitig
quantifiziert werden, indem die Signalmuster von mehreren kreuzreaktiven
Sensoren ausgewertet werden. Dieser Ansatz ist jedoch auch limitiert, da die
Anzahl der Sensoren im Array größer als die Anzahl der kreuzreaktiven Analyte
sein muss.
In
dieser Arbeit wird ein neuer Ansatz präsentiert, welcher es erlaubt,
Multi-Analyt Quantifizierungen mit einem Einsensor-System durchzuführen.
Hierbei werden Unterschiede der Wechselwirkungskinetiken zwischen den Analyten
und dem Sensor mit Hilfe von zeitaufgelösten Messungen und zeitaufgelösten Datenauswertungen
ausgenutzt. Zusammen mit geeigneten Sensormaterialien kombiniert die
zeitaufgelöste Auswertung das Prinzip der Sensoren mit dem Prinzip der
Chromatographie, welche Analyte räumlich oder zeitlich trennt. Die wichtigsten
Zielsetzungen dieser Arbeit können unter den zwei Hauptgesichtspunkten "Messprinzip"
und die "Datenauswertung" gestellt werden.
Der
erste Hauptgesichtspunkt ist die Einführung der zeitaufgelösten Messungen in
die Sensorik. In dieser Arbeit basieren die zeitaufgelösten Messungen auf dem
mikroporösen Polymer Makrolon als sensitive Sensorbeschichtung, welches eine
kinetische Trennung der Analyte während der Sorption und der Desorption auf
Grund der Analytgröße erlaubt. Es werden mit drei verschiedenen Einsensor-Aufbauten
und vielen Mischungen der niederen Alkohole und der Kühlmittel R22 und R134a
erfolgreich Mehrkomponentenanalysen erfolgreich durchgeführt.
Der
zweite Hauptgesichtspunkt betrifft die multivariate Datenauswertung. Es wird
gezeigt, dass eine höchstmögliche Scanrate der zeitaufgelösten Sensorantworten
wünschenswert ist, was zu einer hohen Anzahl an Variablen führt. Es wird
demonstriert, dass weit verbreitete Datenauswertungsmethoden nicht mit der
großen Anzahl an Variablen und mit dem nichtlinearen Zusammenhang zwischen den
Sensorsignalen und den Analytkonzentrationen zurechtkommen. Deshalb werden in
dieser Arbeit drei verschiedene Algorithmen entwickelt und optimiert, um eine
Kalibration mit der höchstmöglichen Generalisierung zu finden. Diese
Algorithmen führen eine gleichzeitige Kalibrierung und Variablenselektion durch,
wobei sie einen Datensatz, welcher in der Größe limitiert ist, bestmöglich
ausnutzen. Ein Algorithmus basiert auf vielen parallelen Läufen von genetischen
Algorithmen kombiniert mit neuronalen Netzen. Der zweite Algorithmus beruht auf
vielen parallelen Läufen von wachsenden neuronalen Netzen, während der dritte
Algorithmus mehrere wachsende neuronale Netze in einer Schleife benutzt. Alle
drei Algorithmen zeigen eine bei weitem bessere Kalibration als gewöhnliche
Methoden der multivariaten Kalibration und als einfache nicht optimierte
neuronale Netze für alle Datensätze, welche untersucht wurden. Zusätzlich
erlaubt die Variablenselektion einen Einblick in den Zusammenhang zwischen den
zeitaufgelösten Sensorantworten und den Konzentrationen der verschiedenen
Analyte. Außerdem schlägt die Variablenselektion Optimierungen bezüglich
kürzerer Messungen für mehrere Datensätze vor. Alle drei Algorithmen meistern
erfolgreich das Problem von zu vielen Variablen für zu wenige Proben und die
Probleme, welche von den in den Daten vorhandenen Nichtlinearitäten verursacht
werden. Dabei sind praktisch keine Eingaben des Benutzers nötig.
Zusammen
liefern beide Hauptaspekte dieser Arbeit eine beeindruckende Demonstration, wie
die Kombination eines fortschrittlichen Messprinzips mit einer intelligenten
Datenauswertung die Ergebnisse von Messungen bei reduzierten Kosten für die
Hardware verbessern kann. Dabei ist das Prinzip der Einsensor-Aufbauten
beziehungsweise der Aufbauten mit wenigen Sensoren nicht auf ein
größenselektives Erkennungsprinzip limitiert, sondern kann auf viele Prinzipien
der Unterscheidung von Analyten wie zum Beispiel temperaturaufgelöste Messungen
erweitert werden, was weiteren Untersuchungen ein nahezu endloses Feld
eröffnet.